Progressive Muskelrelaxation

Die Progressive Muskelrelaxation, kurz PMR genannt, ist ein übendes Verfahren und gehört zur Gruppe der körperorientierten Entspannungsverfahren. Sie kann als einzelne oder als Teil einer anderen Behandlungsmaßnahme bzw. ergänzend zu anderen Therapien angewendet werden.

Die Methode wurde vom Physiologen Edmund Jacobson entwickelt. Er erkannte bei seinen Studien, dass durch den Wechsel von muskulärer Anspannung und Entspannung der Muskeltonus erheblich unter das normale Niveau gesenkt werden kann. Damit kann das Gefühl tiefer Entspannung einhergehen. Voraussetzung ist, dass der Übende lernt, den Unterschied zwischen beiden Zuständen zu differenzieren.

„Lernen Sie, sich bewusst zu entspannen, dann können Sie mit den alltäglichen Schwierigkeiten und Erkrankungen der modernen Zeit besser umgehen!“
Edmund Jacobson

In den dreißiger Jahren untersuchte Jacobson die Schreckhaftigkeit bei lauten Geräuschen. Er stellte fest, dass der Grad der Muskelspannung den Schreck-Reflex beeinflusste. Mit der Elektromyographie erfand er eine Untersuchungsmethode zur Bestimmung der Muskel- und Nervenaktivität. Dadurch konnte er die Aspekte der Interaktion von Psyche und Körper beobachten. PMR ist dementsprechend eine Art Biofeedback-Methode mit schrittweiser Anspannung unterschiedlicher Muskelgruppen, anschließender willentlicher Muskelentspannung und Achtsamkeit auf die Körpervorgänge. Es kommt also nicht nur auf das muskuläre Tun an, sondern auf die Achtsamkeit, mit der wir unser Bewusstsein auf diesen Vorgang richten, mehr noch das Gewahrwerden der eigenen gefühlten Regulierungsfähigkeit (Selbstwirksamkeit).

Anwendungsbereiche

Indikationen

  • Allgemeine Gesundheitsprophylaxe, allgemeine Spannungsgefühle
  • Unruhe und Nervosität
  • hoher Blutdruck
  • Verdauungsstörungen, Reizdarm, Gastritis
  • bestimmte Formen von Schlafstörungen
  • Spannungskopfschmerz, Migräne
  • Tinnitus
  • Ergänzende Therapie bei Schmerzformen, dem Absetzen oder reduzieren von Schmerzmitteln und Tranquilizern
  • durch Stressfaktoren begünstigte Syndrome (Burn-Out, Erschöpfung)
  • Vorbereitung bei verhaltenstherapeutischen Interventionen bei bestimmten Angststörungen wie generalisierte Angststörung, Phobien, Panikstörung, Prüfungsangst

Kontraindikationen

  • Kreuzschmerz
  • Entzündung der Skelettmuskulatur (Myositis)
  • akute Magen-Darm-Trakt-Erkrankung (z.B. Morbus Crohn)
  • akutes Muskelrheuma
  • Gelenkentzündung (akute Arthritiden)
  • entgleister Bluthochdruck
  • Herzschwäche
  • krankhafte, örtlich begrenzte Erweiterung eines Blutgefäßes
  • bestimmte psychische Erkrankungen mit massiver Angst vor Kontrollverlust (z.B. dissoziative Störungen, schwere Depression, akute Psychose)

Wirkweise der progressiven Muskelrelaxation

Ziel der PMR ist die individuell erfahrbare Entspannungsfindung und die Erhöhung des Wohlbefindens. Primär dabei ist das schrittweise Erlernen einer verbesserten willkürlichen Kontrolle einzelnen bestimmter Muskelgruppen (Arme, Gesicht, Nacken, Schultern, Rücken, Brust, Bauch, Becken, Beine) über Spannung und Entspannung.

  1. Nach systematisch gesteigerter Aktionsspannung weist die Muskulatur eine stärkere Bereitschaft zur Tonussenkung auf. Es wird Entspannung durch vorhergehende Anspannung erreicht.
  2. Die Entspannungsphase ist dabei deutlich länger als die Anspannungsphase (3:1)
  3. Der Entspannungsprozess wird unterstützt, indem sich die Aufmerksamkeit möglichst genau auf den Wechsel von An- und Entspannung richtet und sich danach auf das angenehme Entspannungs- und Ruheerleben richtet

So soll in systematischer Weise eine Herabsetzung der Willkürmuskulatur erreicht werden, wodurch wiederum eine psychische Entspannung hervorgerufen wird. Ein damit einhergehendes vertieftes Ruhegefühl bewirkt seinerseits eine zunehmende Muskelentspannung (Biofeedbackschleife).

Mögliche psychophysiologische Entspannungsreaktionen

  • Muskuläre und vegetative Harmonisierung
    • neuromuskulär: Abnahme des Muskeltonus, Veränderung der Reflextätigkeit
    • kardiovaskulär: periphere Gefäßerweiterung, geringfügige Verlangsamung des Pulsschlages, Senkung des arteriellen Blutdrucks
    • respiratorisch: Verlangsamung der Atemfrequenz, Gleichmäßigkeit im Atemzyklus, Abnahme des Sauerstoffverbrauchs
    • elektrodermal: Zunahme der Hautleitfähigkeit
    • zentralnervös: nach längerem Training Lösen aus aktiviertem Wachheitszustand, aber gleichzeitig auch Verhindern des Einschlafens
  • Ausgleichende Wirkung auf Affektreize und Emotionen
  • Bewusstseinszentrierung durch Reizabschirmung

Quelle: Mitteldeutsches Institut für Weiterbildung

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